Herr Putzer geht nach China – Teil 2

Nichts ist so beständig wie der Wandel

Das zweite Trimester an der NJUCM ist vorbei. Die Themen dieses Trimesters waren dabei „Wissenschaftliche Methoden“, sowie „Differential Diagnosen komplizierter Fälle“. Wie alles aktuell in der Welt wurde auch dieser Studienabschnitt durch die Corona Pandemie beeinflusst. Eine der Hausarbeiten im Studium beschäftigte sich daher mit den Leitlinien zur Behandlung von an COVID-19 Erkrankten. Der entsprechende Teil ist hier zu finden.

Während der Pandemie zeigen sich die Stärken der chinesischen Medizin. Aufgrund ihres von Laborwerten unabhängigen Behandlungsansatzes wurde sie in China sehr breit angewendet. Knapp 85% aller Patienten in China wurde zusätzlich zur „Standardbehandlung“ mit Rezepturen aus der chinesischen Medizin behandelt.

Ein kurzer Einblick in die Geschichte

Dies ist nicht verwunderlich in der Betrachtung der Geschichte der chinesischen Medizin. Epidemien waren auch für China sehr gefährlich. Entsprechend beschäftigen sich einige der frühesten Bücher der chinesischen Medizin mit genau diesem Thema.

Das sogenannte Shang Han Lun „Abhandlungen über fiebrige Erkrankungen, die durch Kälte ausgelöst wurden“ von Zhang Zhong-Jing aus dem Jahre 220 v. Chr. Ist dabei eines der wichtigsten Grundlagenwerke. Es gilt als Meilenstein und ist prägend für Kräuterbehandlung geworden.

Epidemien waren dabei immer auch ein Motor, welcher die Entwicklung der chinesischen Medizin angetrieben hat. So entstanden während der Jin-Yuan Dynastie (1125-1368 n. Chr.) aufgrund der vermehrt in Erscheinung tretenden Epidemien verschiedene Schulen für die Behandlung von Infektionserkrankungen. Exemplarisch kann dafür die „Schule der Mitte“ erwähnt werden. Ihr Begründer Li Dong Yuan (1180 – 1251 n. Chr) war Zeuge einer Typhus Epidemie (eine schwerwiegende Infektion des Darms), welche fast eine Million Menschen dahinraffte. Konsequenterweise widmete er daher sein Leben der Behandlung von Magen-Darm-Erkrankungen und beschritt therapeutische Wege jenseits des Shang Han Luns.

Der Arzt Wu You-Ke (1582 – 1652, Qing Dynastie ) gilt als der Vater des Fachbereichs der Infektionskrankheiten. Er prägte als Erster den Begriff von Li Qi (Pestilenz Qi), welches gleichzusetzen ist mit dem, was heute als Infektionskette beschrieben wird. Mit anderen Worten, wie bestimmte Erkrankungen von A nach B übertragen werden können und sich dadurch schnell in der Bevölkerung verteilen können.

Darüber hinaus führte er auch klinische Studien durch. Er verglich während einer späteren Epidemie die Effektivität der therapeutischen Maßnahmen von Li Dong Yuan, des Shang Han Luns und herbeigeführtem Erbrechen. Das Ergebnis war erstaunlich: die letztere Methode erzielte die größte Heilungsrate. Dies sind nur einige Beispiele in der umfassenden Geschichte der chinesischen Medizin. Es wäre wünschenswert, wenn die aktuelle Pandemie dazu beitragen würde, dass die chinesische Medizin ein größere Akzeptanz erfährt, die Zahlen sprechen dabei für sich.

Wie es mit dem Studium weiterging, kann in Teil 3 nachgelesen werden.