Man gönnt sich ja sonst nichts
Ab Oktober 2019 werde ich einen berufsbegleitenden Masterstudiengang (MA med. China) an der Nanjing University of Chinese Medicine (NJUCM) beginnen. Das Studium findet in Kooperation mit der Shenzhou Open University of TCM (Amsterdam) statt und wird online durchgeführt. Insofern ist der Titel des Blogs „Herr Putzer geht nach China“ mehr im Sinne eines geflügelten Wortes gemeint. Hört sich nach viel Fachchinesisch an, ist es mit Sicherheit auch, aber es gab und gibt gute Gründe für diesen Schritt.

Zunächst ist es in Deutschland so, dass Akupunktur nur von zwei Berufsgruppen ausgeübt werden darf, und zwar von Heilpraktikern und Ärzten. Daher besuchte ich zunächst eine Schule, um Heilpraktiker zu werden. Zeitgleich nahm ich an einem dreijährigen Diplom Lehrgang der Arbeitsgemeinschaft für Klassische Akupunktur und Traditionelle Chinesische Medizin e.V. (AGTCM) für meine Ausbildung in Akupunktur teil. Mehr Informationen zum genauen Aus-/Fortbildungsgang beschreibe ich im Bereich Über mich.
Der Lehrgang der AGTCM ist der einzige Lehrgang in Deutschland, welcher die Anforderungen der Weltgesundheitsorganisation für eine qualifizierte Akupunktur erfüllt.
Der Lehrgang der AGTCM erfüllte die Anforderungen der WHO
Die Anforderungen entsprechen dabei mindestens 1500 Stunden Ausbildung ausschließlich in chinesischer Medizin/Akupunktur.1 Die Ausbildung bei der AGTCM liegt weit über diesen geforderten Stunden. Ein Hinweis am Rande, die maximale Ausbildungsdauer bei Ärzten beträgt in Deutschland 350 Unterrichtsstunden für Akupunktur, das sogenannte B-Diplom.2
Der Heilpraktiker und die Fortbildungspflicht
Nach der Ausbildung muss ich mich als Therapeut regelmäßig fortbilden, denn auch für Heilpraktiker gilt die gesetzliche Fortbildungspflicht. Diese wurde sogar höchstrichterlich bestätigt ( Bundesgerichtshof AZ VI ZR 206/90 )3. Aktuell gibt es in Deutschland für den Bereich der chinesischen Medizin nur wenige Ausbildungsinstitute, daher war mein Blick über den Tellerrand notwendig.
Aus Leidenschaft und Interesse bilde ich mich weiter
Unabhängig von der gesetzlichen Anforderung ist es für mich selbstverständlich, mich regelmäßig in der chinesischen Medizin fortzubilden. Ich freue mich jedes Mal, wenn ich ein gutes Lehrbuch aufschlage, nachvollziehe, welcher Akupunkturpunkt noch besser in der Behandlung geeignet wäre oder welche Arzneirezeptur besonders für einen Patienten passen würde. Da die chinesische Medizin eine über zweitausend Jahre alte Medizintradition hat, gibt es dabei immer mehr zu lernen. Angespornt durch die Worte von Dr. Wang, bei welchem ich in China hospitieren durfte, suchte ich darüber hinaus schon lange nach einer Möglichkeit, mir ein noch tieferes Verständnis der chinesischen Medizin anzueignen.

Während meiner kurzen Zeit in seiner Praxis sagte er, dass die chinesische Medizin lebenslanges Lernen erfordert. Dazu sollte gesagt sein, er hatte zu diesem Zeitpunkt knapp fünfzig Jahre in der Praxis gearbeitet. Was für den einen demotivierend gewesen wäre, war für mich eine Aufforderung mich weiter auszubilden.
Ein Punkt ist hier wichtig zu erwähnen: Meine Ausbildung in Deutschland ist abgeschlossen und ich kann und ich darf hier behandeln. Bei dem weiterführenden Studiengang geht es um das tiefere Verständnis der Chinesischen Medizin, um noch gezielter und qualitativ hochwertiger behandeln zu können. Wie kam ich nun auf China?
Nanjing und chinesische Medizin
Die Nanjing University of Chinese Medicine (NJUCM) ist zugleich eine der renommiertesten Universitäten in China für die Chinesische Medizin und eine der ältesten Lehrstätten für Nichtchinesen.4

In China hat die NJUCM den Status einer Elite-Universität und könnte in Deutschland ohne Weiteres mit der Berliner Charité verglichen werden. Darüber hinaus ist sie die Alma Mater von Giovani Maciocia und berühmte Professoren wie Huang Huang unterrichten dort die Studenten.5
Neben der hervorragenden Lehre setzt sich die NJUCM für die Verbreitung der chinesischen Medizin weltweit ein. Zu diesem Zweck ist sie verschieden Kooperationen mit Ausbildungsinstituten eingegangen. Eines dieser Ausbildungsinstitute ist die Shenzhou Open University of TCM (SOU) in Amsterdam.

An dieser wird der Masterstudiengang durch Professoren der Universität aus Nanjing durchgeführt, Teile des Studiums finden zusätzlich in Lehrkrankenhäusern in China statt. Die Universität in Nanjing akzeptiert darüber hinaus meine bisherige Ausbildung und meine zahlreichen Fortbildungen als Bachelor-Äquivalent, sodass es mir möglich ist diese umfangreiche Weiterbildung durchzuführen. Insgesamt komme ich inzwischen auf knapp 4000 Ausbildungsstunden ausschließlich in chinesischer Medizin, ohne die Zeit in der Praxis. Heißt das, dass die Praxis in Witten geschlossen wird? Diese Frage kann definitiv mit „Nein“ beantwortet werden. Der Studiengang ist berufsbegleitend, d.h. der allgemeine Praxisbetrieb bleibt bestehen, nur die Qualität der Behandlung wird sich weiterentwickeln. In diesem Sinne freue ich mich auf die kommende Zeit und werde weiter berichten.

Wie es mit dem Studium weiterging, kann in Teil 1 nachgelesen werden.
Quellen
1Birch, Stephen „Reflections on the German Acupuncture studies“, in: Journal of Chinese Medicine, , Number 83, Veröffentlicht: Februar 2007, Seiten: 12-17
2https://www.focus.de/gesundheit/gesundleben/alternativmedizin/chinamedizin/akupunktur/therapeutenwahl_aid_19904.html, zuletzt besucht am 11.09.19, um 7:00
3https://www.heilpraktiker.org/files/seiteninhalt/inhaltsseiten/c_fuer_heilpraktiker/ca_berufsziele/ca-01-berufsbild/ca-01-06-sorgfaltspflicht-final.pdf, zuletzt besucht am 10.09.19, um 07:00