Tumorschmerz und Akupunktur

Drückende Schmerzen und Müdigkeit

In Deutschland erkranken pro Jahr fast 500.000 Menschen an Krebs. Wobei annähernd jeder der Betroffenen im Laufe seiner Erkrankung an Schmerzen leidet. Demnach treten Tumorschmerzen sehr häufig auf. Sie können dabei durch den Tumor selbst verursacht sein (Kompression von Nerven etc.) oder durch die Behandlung (Chemo- oder Strahlen-Therapie und Operation) ausgelöst werden. Neben der ursächlichen Therapie werden in der Humanmedizin verschiedene Schmerzmittel zur Linderung verwendet (siehe WHO Stufenschema). Wobei hier eine Abwägung zwischen Schmerzlinderung und den auftretenden Nebenwirkungen (Schwindel, Verstopfung) durch den behandelnden Arzt erfolgen muss. Die chinesische Medizin bietet zusätzlich eine ergänzende Behandlung an, um die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern und die Wirksamkeit der Schmerztherapie zu fördern. Dazu aus der Praxis Leitlinie Tumorschmerz der Deutschen Gesellschaft für Schmerzmedizin (DGS) e.V. und der Deutschen Schmerzliga (DSL) e.V.: Komplementärmedizin umfasst sehr heterogene Behandlungsformen, die auf eine zum Teil jahrtausendealte Empirie verweisen können, wie die traditionelle chinesische Medizin (TCM). (…) Tumorschmerzpatienten, die auf Opioide eingestellt sind und zusätzlich eine Akupunktur erhalten, sind möglicherweise wirksamer behandelt als durch Opioidtherapie allein.

Das WHO Stufenschema bei Tumorschmerzen.

Wie beurteilt die chinesische Medizin die Tumorschmerzen?

Die chinesische Medizin verfügt über ein umfangreiches klinisches Wissen und hat einige Vorteile. Sie ist sehr nebenwirkungsarm und verbessert die Wirksamkeit der klassischen Schmerzmittel, wodurch häufig deren Dosis verringert werden kann. Dadurch können die Nebenwirkungen der Arzneimittel weniger stark ausgeprägt sein oder ausbleiben.

Wie bei allen Schmerzarten gilt auch bei Tumorschmerzen, dass die Schmerzen genau differenziert werden müssen, um eine passende Behandlung im Sinne der chinesischen Medizin zu erstellen. Der Ansatz ist dabei ein multimodaler und beinhaltet verschiedene Therapien und Konzepte. Insbesondere die Akupunktur kann hier angewendet werden um verschiedene Schmerzen zu lindern. Die Schmerzen können dabei ganz unterschiedlich ausgeprägt sein. Sie können in ihrer Lokalisation wandern, durch Kälte oder Wärme schlimmer werden oder exemplarisch einen brennenden Charakter haben. Jede dieser Qualitäten beeinflusst die Auswahl der Akupunlturpunkte in der Behandlung. Gleichzeitig hat die Akupunktur eine ausgleichende Wirkung auf das Nervensystem und unterstützt dadurch zusätzlich die Betroffenen.

Wie behandelt die chinesische Medizin Menschen Tumorschmerzen?

In der Behandlung von Menschen mit Tumorschmerzen wird meist die Akupunktur angewendet. In China werden außerdem neben der Akupunktur und Arzneirezepturen auch äußere Anwendungen genutzt.

Die Akupunktur wird immer individuell angepasst und auf den einzelnen Menschen abgestimmt. Neben der Anamnese ist außerdem eine körperliche Untersuchung als Teil der Leitbahntherapie nach Dr. Wang Ju-Yi sinnvoll. Dies dient dazu, die Behandlung so genau als möglich zu gestalten. Gerade die Akupunktur zeigt hier ihre Stärken. Je nachdem wie der Schmerzcharakter ist und wo die Schmerzen verortete sind, werden andere Akupunkturpunkte verwendet, um zu behandeln. Wie ich dabei vorgehe, beschreibe ich im Bereich: Behandlung.

Die Leitbahnpalpation unterstützt die Akupunktur.

Was sagen die Studien zur Linderung der Tumorschmerzen durch die chinesische Medizin/Akupunktur?

Inwieweit die Akupunktur bei Tumorschmerzen angewendet werden kann, um die Lebensqualität der Patienten zu verbessern, wird schon lange untersucht (Ge et al., 2022). Einige neue Studien (nicht älter als zehn Jahre) zeigen hier, dass durch die Akupunktur die Dosis der einzunehmenden Schmerzmittel senkt. Auch neuen Übersichtsarbeiten konnte dies bestätigt werden. So zeigt eine aktuelle Meta-Analyse, welche in JAMA Oncology veröffentlicht wurde, dass die Akupunktur sehr eindeutig mit einer Schmerzreduktion verbunden war (Ho et al., 2020). Nach dieser Meta-Analyse verringert die Akupunktur die Schmerzen und verbessert gleichzeitig die Wirkung der Schmerzmittel. Ähnliches zeigt sich für Arzneirezepturen aus der chinesischen Medizin (Jo et al., 2022). Wobei die folgenden Arzneibestandteile am häufigsten verwendet werden:

Glycyrrhiza uralensis (Gan Cao), Paeonia lactiflora (Bai Shao Yao), Angelica sinensis (Dang Gui), Prunus persica (Tao Ren), Corydalis ternata (Yan Huo Suo), Carthamus tinctorius (Hong Hua)

Insbesondere die Akupunktur wird daher in einigen Ländern als ergänzende Therapie zur Linderung von Tumorschmerzen empfohlen (Europa, Amerika). Konsequenterweise wurde in der namhaften Fachzeitschrift BMC Medicine eine Leitlinie zur Anwendung der Akupunktur veröffentlicht (Ge et al., 2022).

  • Ge, L., Wang, Q., He, Y., Wu, D., Zhou, Q., Xu, N., Yang, K., Chen, Y., Zhang, A. L., Hua, H., Huang, J., Hui, K.-K., Liang, F., Wang, L., Xu, B., Yang, Y., Zhang, W., Zhao, B., Zhu, B., … Kang, F. (2022). Acupuncture for cancer pain: An evidence-based clinical practice guideline. Chinese Medicine, 17(1), 8. https://doi.org/10.1186/s13020-021-00558-4
  • He, Y., Guo, X., May, B. H., Zhang, A. L., Liu, Y., Lu, C., Mao, J. J., Xue, C. C., & Zhang, H. (2020). Clinical evidence for association of acupuncture and acupressure with improved cancer pain: A systematic review and meta-analysis. JAMA Oncology, 6(2), 271. https://doi.org/10.1001/jamaoncol.2019.5233
  • Jo, H.-G., Seo, J., Choi, S., & Lee, D. (2022). East asian herbal medicine to reduce primary pain and adverse events in cancer patients: A systematic review and meta-analysis with association rule mining to identify core herb combination. Frontiers in Pharmacology, 12, 800571. https://doi.org/10.3389/fphar.2021.800571
  • Yang, J., Wahner-Roedler, D. L., Zhou, X., Johnson, L. A., Do, A., Pachman, D. R., Chon, T. Y., Salinas, M., Millstine, D., & Bauer, B. A. (2021). Acupuncture for palliative cancer pain management: Systematic review. BMJ Supportive & Palliative Care, 11(3), 264–270. https://doi.org/10.1136/bmjspcare-2020-002638