Schmerzen bei Diabetes und chinesische Medizin

Schleichender Durst und später Schmerzen

Die Erkrankung Diabetes mellitus war lange Zeit ein absolutes Schreckgespenst in der Medizin. Sobald der Durst sehr stark wurde und Zucker im Urin auftrat, war dies bis zur Isolierung des Insulins im Jahr 1921 ein Todesurteil. Erst durch die pharmazeutische Herstellung dieses Hormons stand den Medizinern ein Medikament zur Verfügung, welches den Betroffenen helfen konnte. Wobei sich die Palette an möglichen Arzneien in den letzten hundert Jahren stetig erweitert hat. Ebenso natürlich das Wissen um die Vorgänge der Erkrankung und deren Auswirkungen. Hier zeigt sich im Kern etwas vereinfacht, eine Zuckerstoffwechselstörung im Körper. Diese führt dazu, dass der Blutzuckergehalt kontinuierlich ansteigt. Je nach Ursache kann dies drastisch erfolgen oder schleichend vonstattengehen. Auf lange Sicht kommt es dabei durch den erhöhten Blutzucker zu weitreichenden Veränderungen im gesamten Organismus. Wobei insbesondere die Durchblutung beeinträchtigt wird. Nicht wenige Diabetiker leiden so nach Jahren der Erkrankung an Folgebeschwerden des Diabetes. Beispielsweise können Nervenschäden durch den Diabetes entstehen, die sogenannten diabetischen Polyneuropathien (dP). Diese könne sich durch äußerst schmerzvolle Beine zeigen, mit einem Gefühl, als würden diese brennen. Meist sind dabei beide Beine betroffen und häufig treten die Symptome in der Nacht vermehrt auf. Auch ein Kribbeln oder Taubheitsgefühl kann auftreten.

Auch wenn die Erkrankung heutzutage medikamentös relativ beherrschbar geworden ist, gibt es Schwierigkeiten in der Behandlung. Die verwendeten Medikamente können beispielsweise Nebenwirkungen aufweisen, welche von den Betroffenen nicht tolerierbar sind. Auf der anderen Seite kann es sein, dass die Symptome der Grunderkrankung sich trotz der Medikamente nur geringfügig ändern. In beiden Fällen kann es sinnvoll sein, zusätzlich zur konventionellen Behandlung die chinesische Medizin zu nutzen. Dies gilt insbesondere bei den vorher erwähnten dP.

Wie beurteilt die chinesische Medizin Diabetes?

Diabetes wird in der chinesischen Medizin (CM) als konsumierender Durst (Xiāokě, 消渴) bezeichnet und unter diesem Begriff in den Klassikern besprochen. Die ersten Beschreibungen befinden sich entsprechend im Gelben Kaiser der Inneren Medizin (黃帝內經 – Huangdi Neijing, ca. 80 v. Chr.). Aufbauend auf dieser Beschreibung haben sich die Ärzte der CM seitdem mit der Behandlung von Betroffenen beschäftigt. Im Laufe der Jahrhunderte hat sich so ein umfangreiches Erfahrungswissen in der Linderung von Beschwerden, welche mit Diabetes verknüpft werden, angesammelt. Dies gilt für den typischen Durst bei Diabetes als auch bei den Schmerzen in den Beinen. Je nach Ausprägung der Beschwerden werden hier in der CM sechs unterschiedliche Erkrankungsbilder differenziert. Wobei hier eine genau Befragung der Betroffenen wichtig ist, um ein ganzheitliches Bild für die Behandlung zu nutzen.

Wie behandelt die chinesische Medizin Menschen mit Diabetes und Schmerzen?

In der Behandlung von Diabetikern steht die CM auf zwei Säulen. Zum einen gilt es die Symptome der Grunderkrankung im Sinne der CM zu greifen und sozusagen die Konstitution ganzheitlich zu erfassen. Bezogen auf Schmerzen gilt es dann als zweite Säule, die Schmerzen genau zu differenzieren. Beide Säulen leiten so die Behandlung mit der CM als multimodale Schmerztherapie. Wobei therapeutisch alle Verfahren der CM genutzt werden wie beispielsweise die Akupunktur und Arzneirezepturen.

Was sagen die Studien zur Linderung von Schmerzen durch Diabetes?

Schätzungen gehen davon aus, dass nahezu jeder Zehnte im Jahr 2045 an Diabetes leiden wird. Diesbezüglich gilt, dass bei 30% der Erkrankten dP nach einer längeren Erkrankungsdauer auftreten. Hierbei kann die klassische Behandlung weniger als der Hälfte der Betroffenen helfen (Schneider et al., 2015). Insofern ist es sehr erfreulich, dass die Übersichtsarbeit von Song et al. (2023) zeigen konnte, dass die Arzneirezepturen aus der chinesischen Medizin die Symptome der dP lindern können. Dies gilt als alleinige Therapie als auch in Verbindung mit der konventionellen Behandlung. Diesbezüglich konnte außerdem von Sui et al., (2020) gezeigt werden, dass die Akupunktur die Wirksamkeit der Medikamente fördern kann und somit deren Dosis verringert werden konnte. Beide Autorengruppen fordern allerdings weitere Studien, um die Aussagekraft zu verbessern.

  • Song, M., Huai, B., Shi, Z., Li, W., Xi, Y., Liu, Z., Zhang, J., Zhou, J., Qiao, Y., & Liu, D. (2023). The efficacy and safety of Chinese herbal medicine in the treatment of painful diabetic neuropathy: A systematic review and meta-analysis. Frontiers in Pharmacology, 14, 1072991. https://doi.org/10.3389/fphar.2023.1072991
  • Sui, M., Xue, L., & Ying, X. (2020). Association of acupuncture treatment with mortality of type 2 diabetes in china: Evidence of a real-world study. International Journal of Environmental Research and Public Health, 17(21), 7801. https://doi.org/10.3390/ijerph17217801
  • Qi, L. & Hummelsberger, J. (2012). Diabetesbehandlung mit chinesischer Medizin. Urban & Fischer
  • Flaws, B. & Sionneau, P. (2001). The Treatment of Modern Western Medical Diseases with Chinese Medicine: A Textbook & Clinical Manual. Blue Poppy Enterprises, Inc.
  • Schreiber, A. K., Nones, C. F., Reis, R. C., Chichorro, J. G., and Cunha, J. M. (2015). Diabetic neuropathic pain: Physiopathology and treatment. World J. Diabetes 6 (3), 432–444. doi:10.4239/wjd.v6.i3.432