Schnittstelle Naturheilkunde
Im Sinne der Naturheilkunde verfügt der Körper als Organismus über Selbstregulationsmechanismen, um sich selbst zu heilen. Die verschiedenen Verfahren der Naturheilkunde setzen dabei einen Reiz auf den Körper und fördern dadurch die eigenen Mechanismen zur Selbstheilung und Regulation. Dieser Vorgang wird als das sogenannte Reiz-Reaktions-Modell bezeichnet.
Die Naturheilkunde kennt hier unzähligen verschiedene Verfahren, allerdings gibt es im Wesentlichen vier große Therapiemethoden:
- Chinesische Medizin
- Chiropraktik/Osteopathie
- Homöopathie
- Phytotherapie
Im Folgenden soll es um die Gemeinsamkeiten und die Unterschiede der verschiedenen Verfahren gehen.
Chiropraktik/ Osteopathie und chinesische Medizin
Die beiden Therapiemethoden Chiropraktik und Osteopathie werden häufig zusammen angewendet, unterscheiden sich allerdings in der Herangehensweise. Daher zunächst eine kleine Differenzierung:
Chiropraktik – Behandlung von mechanischen Störungen am Bewegungsapparat durch Impulstechniken mit dem Ziel, die normale Beweglichkeit wiederherzustellen. Über die freie Beweglichkeit wird die Nervenversorgung verbessert und die Selbstheilungskräfte werden stimuliert.
Osteopathie – Behandlung des Körpers über sanfte Impulstechniken, welche dazu dienen die Faszien, eine dünne Bindegewebshülle, welche jede Struktur des Körpers umgibt, zu lockern und dadurch die körpereigenen Selbstheilungs- und Selbstregulationskräften zu fördern.
Beide Verfahren werden in der Behandlung von Schmerzen am Bewegungsapparat angewendet, insbesondere die Osteopathie ist aber nicht darauf beschränkt und wird auch bei weiteren Beschwerden angewendet.
Die Behandlung erfolgt dabei wie oben erwähnt über sogenannte Impulstechniken, dies umfasst das klassische Einrenken, aber auch sehr sanfte Berührungen und Mobilisationen an den Muskeln, Sehnen und Nerven. Letzteres gilt besonders für die Osteopathie aufgrund ihres Verständnisses über die Funktion der Faszien.
Im Bezug zur chinesischen Medizin gibt es bei beiden Verfahren eine große Schnittmenge. So ist eine der fünf therapeutischen Säulen der chinesischen Medizin die sogenannte Tuina Massage. Hierbei handelt es sich um eine Massage, welche viele Impulstechniken der Chiropraktik nutzt.
Darüber hinaus nutzt die Tuina Massage in der Behandlung das Konzept der Leitbahnen der chinesischen Medizin. Die Leitbahnen sind dabei ein System, das bestimmte Körperbereiche vernetzt und zu einem holistischen Ganzen zusammenfügt. Es vereint und umfasst dadurch alle Körpersysteme wie Lymph-, Nerven-, Hormon- und Blutsystem. Dabei haben die Leitbahnen mehrere Aufgaben, sie versorgen den Körper, tauschen Informationen aus und sind Pfade für Erkrankungen.
Die Leitbahnen haben dabei einen frappierende Ähnlichkeit zu den Faszien, welche in der Osteopathie genutzt werden. So ist es nicht verwunderlich, dass für viele Wissenschaftler die Faszien die Grundlage für die Wirkung der Akupunktur bilden. Mit anderen Worten die Akupunktur der chinesischen Medizin behandelt auch über die Faszien, ähnlich wie die Osteopathie.
Es gibt allerdings auch Unterschiede zur Osteopathie. Die chinesische Medizin legt den Fokus insbesondere auf stoffwechselbedingte Ursachen von Schmerzen, das heißt durch die Akupunktur wird insbesondere das Milieu des Körperinneren behandelt. Anders in der Osteopathie, wo auch strukturelle Störungen am Bewegungsapparat als Ursache eine große Rolle bei Schmerzen spielen können. Beide Systeme ergänzen sich daher sehr gut in der Behandlung.
Homöopathie und chinesische Medizin
Die Homöopathie behandelt ganz im Sinne der Naturheilkunde über das Reiz-Reaktions-Modell. Mit homöopathischen Mitteln lässt sich der Körper stimulieren und die körpereigenen Selbstheilungskräfte werden gefördert.
Zur Behandlung verwendet die Homöopathie potenzierte Mittel. Hierbei werden Pflanzen oder anderen Produkte immer weiter verdünnt (potenziert) und können so in unterschiedlichen Verdünnungsgraden eingenommen werden. Hierbei handelt es sich um die sogenannten D oder C Potenzen, je nach Verdünnung im Verhältnis 1 zu 10 oder 1 zu 100.
Wichtig für die Auswahl des regelrechten Mittels ist in Homöopathie das Ähnlichkeitsprinzip. Dieses Prinzip geht auf den Begründer der Homöopathie, Samuel Hahnemann (1755–1843) zurück und besagt das eine Substanz, die beim Gesunden spezifische Krankheitszeichen hervorruft, beim Erkrankten genau diese Zeichen heilen kann.
Ein vergleichbares Prinzip teilt die chinesische Medizin nicht. Wohl aber kennt die chinesische Medizin die Verdünnung von Arzneimitteln bis an die Nachweisbarkeitsgrenze bei erhaltener Wirksamkeit. So ist es nicht unüblich, dass in der traditionellen Herstellung von Kräuterdekoten die Wirkstoffe durch die Zugabe von Wasser stark verdünnt werden. Außerdem werden viele Kräuterdekote lange gekocht, wodurch theoretisch einige Wirkstoffe unwirksam werden müssten, so zumindest das Verständnis der Humanmedizin.
Diesbezüglich konnten chinesische Forscher allerdings zeigen, dass sogenannte micro RNA (noch kleiner als RNA) von Pflanzen den Kochvorgang und die Verdauung überstehen kann und im Menschen wirksam bleibt. Diese mircor RNA greift hier tatsächlich tief in den Organismus ein und beeinflusst die Physiologie. Man darf insofern gespannt sein, was die Forschung noch zutage fördern wird.
Phythotherapie und chinesische Medizin
Die Phytotherapie bezeichnet die Anwendung von Pflanzen, Pflanzenteilen oder Pflanzeninhaltsstoffen zur Vorbeugung und Behandlung von Krankheiten. Sie hat dabei eine lange Tradition in allen Medizinsystemen der Welt. Ein wesentlicher Unterschied zwischen der sozusagen wesentlichen Phytotherapie und chinesischen Phytotherapie ist, dass in China in der Regel Kräutermischungen verwendet wurden. Hierfür gibt es verschiedenen Gründe: Durch die Kombination können erwünschte Wirkungen verstärkt werden und unerwünschte Wirkungen aufgehoben oder gelindert werden. Dadurch ist insbesondere die chinesische Phytotherapie eine sehr nebenwirkungsarme Behandlungsmethode und verfolgt diesen Ansatz schon seit zweitausend Jahren.